© 2004 – Hauskreisarbeit der Evang. Landeskirche, Württ.
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Perspektiven Nr. 36
Hauskreise - ein starkes Stück Zukunft - Teil 2
( die Teile I und III finden Sie im Downloadbereich von www.hauskreise-in-wuerttemberg.de
)
Ein Vortrag auf dem Evang. Kirchentag von Pfr. Hans-Hermann
Pompe
3. Gemeinde zum Anfassen - Die Verheißung der kleinen Gruppe
In unserer Gemeinde kommen am Sonntagmorgen etwa 250 Menschen zum Gottesdienst.
Buntgemischt, alle Altersgruppen, viele von ihnen erst in den letzten Jahren
dazu gekommen. Das ist etwas Schönes: man singt z.B. mit 250 anders als mit
40.Aber ob diese Menschen in der Gemeinde heimisch werden, hängt nicht nur an
den schönen Gottesdiensten, neuen Liedern oder relevanten Predigten. Es hängt
ganz stark davon ab, ob es der Gemeinde gelingt, sie in eine kleine Gruppe zu
integrieren, ob Gemeinde anfassbar wird.
Jesus hat uns seine Prioritäten vorgelebt. Über 80% seiner Zeit hat er nicht in
Diskussionen, Verwaltung u.ä. investiert. Auch nicht in Gottesdienste,
Großveranstaltungen oder in Beeinflussung von gesellschaftlichen
Schlüsselpersonen. Den grOßten Teil seiner Zeit hat er mit 12 jungen Menschen
verbracht, die er zur Nachfolge eingeladen hatte. Mit ihnen lebte er Tag und
Nacht zusammen, drei Jahre lang. Und ein großer Kreis von Jüngerinnen und
Jüngern begleitete sie zeitweise.
Ein Mensch kann ca. 8-12 Menschen so gut kennen, so dass er sie als seine
Freunde bezeichnet. Manche mehr, andere weniger. Vielleicht kann er zu 30
lockeren Kontakt halten. Aber zu Hause ist er dort, wo seine engen Beziehungen
stattfinden. Deshalb spielen die kleinen Gruppen für die Gegenwart und Zukunft
der Gemeinden solch eine wichtige Rolle. Die Urchristenheit hat das gewusst:
Die Gemeinden des Neuen Testaments werden selten mehr als 40 Personen umfasst
haben, eher weniger. Und sie trafen sich immer in Häusern. Schon die sehr große
Pfingstgemeinde in Jerusalem hat dieses Prinzip der kleinen Gruppen und der
Haustreffen angewandt, um die Menge von Menschen begleiten und eingliedern zu
können (Apg 2,46: 5,42).
Kleine Gruppen bieten viele Vorteile:
1. Intensives Zusammenleben als Form der Jüngerschaft.
2. Eingliederung von Neuen, die zum Glauben gefunden haben.
3. Einübung von Solidarität und Verantwortung.
4. Entdeckung von Gaben und Mitarbeit; flexible Struktur ohne viel
Organisation.
ChristInnen sind in kleinen Gruppen nahe dran an den Menschen und überwinden
Barrieren leichter, die sie von Nichtchristen trennen. Für viele hat ein
Wohnzimmer weniger Hemmschwelle als ein Gemeindehaus. Sie machen also immer
wieder klar, dass Gemeinde Jesu sich nicht durch ein Gebäude definiert, sondern
durch Menschen, die sich in seinem Namen versammeln - egal ob im Wohnzimmer,
Zelt oder unter freiem Himmel. Die Kirche bleibt so unabhängiger als in ihren
Gebäuden und Strukturen. Die Christen in China haben z.B. nur in der Form der
Hauskirchen überhaupt überlebt - wahrscheinlich hängt damit auch das Wachstum
der chinesischen Kirche zusammen. Es ist erschreckend zu beobachten, wie
schnell die wachsende Kirche im vierten Jahrhundert bereit war, von dieser
bewährten Form abzurücken. Als die Unterdrückung der Kirche durch den Staat
abgelöst wurde von der Bevorzugung durch den Staat, entstanden innerhalb
weniger Jahrzehnte in den Städten große Basiliken. Die kleinen Hausgemeinden
lösten sich auf in die Menge, die in die Kathedralen strömte. Die Verantwortung
für die Gemeinde ging von Menschen wie Lydia, Phoebe oder Philemon über auf die
Bischöfe und den mächtiger werdenden Klerus. Natürlich brauchte man für größere
Zahlen auch andere Orte als nur Wohnzimmer. Aber die Kirche hat damals nicht
gesehen, auf was sie verzichtet, als sie die kleinen Gruppen auslaufen ließ
oder sogar verbot. Andererseits hat so gut wie jede Erweckungs- und
Erneuerungsbewegung der Kirchengeschichte die Kraft und Unverzichtbarkeit der
kleinen Gruppe wieder genutzt. Nicht hindert uns, es heute genauso zu machen.