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Perspektiven Nr. 34
Ein Gemeinde-Wochenende in Wain:
"Das rechte Wort zur rechten Zeit"

Im Vorfeld der Vorbereitungen trafen sich im Jan./Feb. 1999 einige Mitglieder er ansässigen Hauskreise mit dem Vorbereitungsteam, das aus folgenden Personen bestand: Pfarrer Jens Plinke (Tübingen), Ehepaar Sauer (Biberach) und Frau Hörnicke (Münsingen). Wir trafen uns im Pfarramt, um einen groben Überblick zu bekommen, was es für Möglichkeiten gab, ein Seminar in Wain zu organisieren, einzelne Programmpunkte zu klären und nicht zuletzt, sich schon ein wenig zu "beschnuppern".

Als großes Wagnis von seiten der Hauskreise wurde die Sache mit den Gruppengesprächen empfunden. Doch Herr Plinke war recht hartnäckig und machte uns viel Mut, dieses Wagnis einzugehen, denn er ist der Meinung, dass in Gruppengesprächen einfach viel mehr hängen bleibt, als wenn man den ganzen Tag "nur" zuhört. Mit sehr gemischten Gefühlen ließen wir uns also überreden. Wir freuten uns trotzdem schon auf das Seminar und nach einer guten Gebetsgemeinschaft gingen wir wieder auseinander um uns am letzten Märzwochenende wiederzusehen.

Am Dienstag davor läutete das Telefon und ich wurde angesprochen, dass man sich am Freitag schon um 18.00 Uhr mit dem Vorbereitungsteam aus Tübingen usw. zum Abendessen treffen wollte, damit Herr Plinke noch einen näheren Einblick in die Hauskreise vor Ort bekommen sollte, ob man nicht auch von unserem Hauskreis jemanden dabeihaben könnte. Das sagten wir auch gerne zu, denn ich war schon ein wenig neugierig, Herrn Plinke näher kennen zu lernen.
Wie erstaunt war ich dann, als ich während des Essens erfuhr, dass ich nun sozusagen zum Wainer Team gehörte... Ich war regelrecht überrumpelt, na ja, so richtig perplex und das Herz rutschte mir etliche Etagen tiefer. (Am Sonntag erkundigte ich mich dann bei unserem Pfarrer Eyrich, wie das gekommen war und musste feststellen, dass es sich um den "Flüsterposteffekt" gehandelt hatte. Im Laufe der Telefongespräche kam eben dieser Aspekt nicht mit an! Tja!)
Es wurde dann auch noch ganz selbstverständlich die Frage gestellt - denn bei den Tübingern war es ja klar - wer denn nun welche Gesprächsgruppe leiten würde? Schluck! Doch ganz beherzt sagte ich einfach, dass ich so etwas noch nie gemacht habe und es auf keinen Fall allein schaffen bzw. machen würde. Ein anderer war sehr erleichtert, denn er wollte es auch nicht allein machen und da wir durch Gottes Gnade genügend Leute waren, konnten wir beide zusammen eine Gruppe übernehmen. Uff, war ich froh. Allerdings hat schon an dieser Stelle Herr Plinke es verstanden, uns Mut zu machen, es einfach zu probieren. Auch für die anderen fand sich immer einer, der die scheueren von uns unterstützte. Zum Abschluss beteten wir noch und gingen dann in den großen Saal, denn es war schon Zeit geworden, zu beginnen.

Unser Programm für den Freitagabend sah so aus: Begrüßung und kurze Vorstellung des auswärtigen Seminarteams, Singen, Gebet und dann der Einstieg ins Thema unter dem Titel: "Jesus, der Seelsorger Gottes und seine Retterliebe" (Joh. 4). Danach Gruppengespräche über "Mein Glaubens- und Lebensbaum". Als Abschluss des Abends dann noch einmal ein Zusammenkommen im großen Saal zu Lied, Gebet und Segen.

Am Anfang stand nun die Begrüßung und Vorstellung der Einzelnen vom Team, sowie aus den Hauskreisen. Es stellte sich dann schnell heraus, dass bis auf zwei Teilnehmer alle zu einem Hauskreis gehörten. Da waren drei Hauskreise aus Wain, einer aus Laupheim, einer aus Biberach, aus Erolzheim/Berkheim und sogar ein Teilnehmer aus Langenargen am Bodensee. Auch etliche Teilnehmer aus Teilen Osteuropas (die aber in Wain oder Umgebung wohnen) hatten sich aufgemacht, um dabei zu sein.
Herr Plinke verstand es, den Zuhörern die Retterliebe Jesu und seine Auswirkungen so richtig vor Augen zu malen. Konzentriert verfolgten die Zuhörer das Referat. Die Teilnehmerzahl betrug immer so ca. 40 - 60.

Am Anschluss kam die erste Gruppenarbeit, bei der wir uns anhand eines Baumes an all die Menschen erinnern wollten, die unser Glaubensleben von Kindheit an geprägt hatten. Zuerst erschien es uns allen eine schwere Aufgabe, doch plötzlich sah man überall eifriges Schreiben. Auch der anschließende Austausch war nach anfänglichen Schwierigkeiten richtig lebhaft.
Was bei mir hängen blieb, war die Tatsache, dass Personen, mit denen ich Mühe hatte und die für mich so wenig "Christsein" ausstrahlten, dennoch Positives in meinem Leben bewirkten. So konnte ich z.B. die Ausdauer lernen, auch dann auszuhalten, wenn nicht alles so läuft, wie ich es gerne hätte.

In bester Stimmung traf man sich dann im großen Saal wieder zum gemeinsamen Abschluss. Man freute sich schon auf den nächsten Morgen.

Am Samstag sah das Programm so aus: 9.00 Uhr: Beginn mit Lied und Gebet und Rückblick auf den Baum vom Abend zuvor.
9.30 Uhr: Vortrag von Herrn Plinke ("Ein Rat ist nicht schon dadurch richtig, dass es "fromm" klingt!" oder: "Die seelsorgerliche Grundhaltung im Christsein")
10.30 Uhr: Verschiedene themenbezogene Gruppen zur Vertiefung des Gehörten
12.00 Uhr: Mittagessen
ab 14.30 Uhr: Kaffeetrinken
15.00 Uhr: Vortrag von Hr. Liesen ("Was ist also unser wunder Punkt?")
16.30 Uhr: Fragerunde und Ergänzungen
17.30 Uhr: Pause
18.00 Uhr: Abendessen
19.15 Uhr: Tips und Anregungen
20.00 Uhr: Wir begrüßen gemeinsam den Sonntag

Wieder hörten alle Zuhörer aufmerksam zu. Die Teilnehmerzahl war in etwa gleich wie am Abend zuvor. Als es dann in die Gruppen ging, stelle sich heraus, dass die meisten an der von Herrn Plinke geleiteten Gruppe interessiert waren. Sie hatte den Titel "Eine Äußerung - viele Reaktionen". Leider war ich nicht dabei, daoch aus nachfolgenden Gesprächen weiß ich, dass es eine lebhafte Runde war, die "sehr viel seelsorgerliches Gespür besaß", wie jemand voller Freude an unseren Gemeindepfarrer weitergab.

Die Gruppe, bei der es um ein Gespräch gehen sollte, das tatsächlich einmal stattgefunden hat, fiel aus. Wahrscheinlich hatten wir nicht deutlich genug gesagt, dass es nicht um persönliche Seelsorge geht und so scheuten sich alle davor, naja, aus unseren Fehlern lernen wir.
Eine andere Gruppe beschäftigte sich mit verschiedenen Bibelzitaten und soweit ich weiß, hätten sie noch lange Stoff zur Diskussion gehabt, also auch hier eine tolle Zusammenarbeit.
In unserer Gruppe ging es um "Streit unter Christen". Wie der Titel schon ahnen lässt, ging es auch hier recht lebhaft zu. Wir bekamen als Denkhilfe ein Blatt mit Stichworten wie z.B. "Konflikt - man muss ihn erst einmal erkennen, dann versachlichen und dann erst bearbeiten" oder "Du-Botschaften" oder "Jede Äußerung kann man mit vier Ohren aufnehmen". Und dann natürlich die Erkenntnis, dass wir ohne Konflikt gar nicht die Möglichkeit hätten, zu wachsen; im normalen Leben genauso wie im geistlichen Bereich.
Dann war da noch die Gruppe, die sich anhand einer Karrikatur mit verschiedenen Hauskreistypen beschäftigte. Dort ging es natürlich recht lustig zu, doch es wurde auch ernsthaft gearbeitet, ich denke, dass man hier viel Spaß zusammen hatte.

Das gemeinsame Mittagessen war wunderbar. Es gab Hackfleischsoße mit oder ohne Champignons, Nudeln, verschiedene Salate und für die Diabetiker extra Kartoffeln! Sogar Nachtisch war angesagt und wurde begeistert, wenn auch schon recht satt, verputzt. Die Zeit danach wurde für viele Gespräche und Spaziergänge genützt, der Kaffee dankbar angenommen, denn so langsam wurden wir recht müde! Was wir natürlich auch zu einem guten Teil den vollen Mägen verdankten.

Inzwischen war auch Herr Liesen zu uns gestoßen. Er hatte sich extra Zeit für uns genommen, obwohl er von weither (war es Löwenstein? Ich weiß es nicht genau, aber dass er lange im Stau stand, weiß ich noch) anreisen musste. In der Mitarbeiterbesprechung stellen wir dann fest, dass wir das Thema ändern mussten, weil wie gesagt die Müdigkeit allerseits spürbar war und das Thema mit dem wunden Punkt besonders anstrengend ist. So hielt Herr Liesen stattdessen einen Vortrag darüber, wie sich ungelöste Konflikte innerhalb der Familie von den Eltern auf die Kinder übertragen, wie man damit umgeht und welche Probleme das verursacht, wenn der Teufelskreis nicht unterbrochen wird. Was mich, auch im Nachhinen, sehr beschäftigte war die Aussage, dass man solchen Menschen erst helfen kann, wenn sie es wirklich von Herzen selber wollen und dass es meistens erst sehr weit bergab gehen muss, bevor sie bereit sind, sich helfen zu lassen. Es ist so wie bei Suchtkranken.

Ein anderer Punkt war der, dass man Krisen in verschiedenen Schritten durchlebt. Es ist also durchaus normal, wenn ein Mensch, der z.B. einen lieben Angehörigen verloren hat, zuerst einmal denkt, und sich z.T. auch so benimmt, als ob es gar nicht wahr wäre; danach kommt dann eine Phase der Auflehnung, die von einem nächsten Stadium des Verhandelns zur Phase der Resignation (Enttäuschung, Bedrängnis) führt. An diesem Punkt entscheidet es sich dann, ob man aus der Krise auch wieder herausfindet. Zum einen beginnen hier die verdrängenden Verhaltensmechanismen, z. B. auch durch betäubende Substanzen und andererseits kann man an dieser Stelle anfangen, das Geschehene zu akzeptieren. Wenn wir dann zu dem durchgedrungen sind, dass wir das alles akzeptiert haben, ist dadurch unsere Persönlichkeit wieder ein Stück größer geworden. Wir sind an der Krise gewachsen, ohne es selber zu bemerken. Hier kann man also erkennen, dass Krisen in unserem Leben nötig sind, weil wir dadurch reifer werden. Bleibt man jedoch in der Resignation hängen, kann die Persönlichkeit nicht oder nicht zu der vollen Reife gelangen.

Nach diesem Vortrag ging es dann rund. Leider musste ich schon gehen und kann nur noch kurz im Gedächtnis zusammensuchen, was mir andere später erzählten. Die Fragerunde war recht lebhaft und dauerte viel länger, als vorgesehen. Wir freuten uns, dass sich Herr Liesen die Zeit dazu nahm, obwohl es ihn ja eigentlich heimwärts zog, denn am Montag musste er wieder auf die Tagung. In aller Ruhe ging er gründlich auf alle Fragen ein, die ihm gestellt wurden.

Um 18.00 Uhr war dann das Abendessen und die Gespräche an den Tischen verliefen recht intensiv.
Die Zeit bis zur "Begrüßung des Sonntags" war jedoch fast zu lange und etliche wären gerne heimgegangen, doch so weit ich weiß, blieben dann doch alle da. Die Zeit für die Feier war ein bisschen zu knapp eingeplant. Das kam daher, weil wir in der Vorbereitung der Meinung waren, dass die Leute irgendwann auch wieder heim wollten, denn es war echt ein langer Tag. Nach der Feier wurde die Ruhe jäh zunichte gemacht, durch die simple Bemerkung, dass doch bitte jeder noch seinen Stuhl aufräumen und ein paar bei den Tischen helfen sollten...
Doch wir lernen aus Fehlern und werden es das nächste Mal so machen, dass die Zeit zwischen Abendessen und Feier genützt wird, um die Tische wegzuräumen und mit den Stühlen einen Kreis zu machen. Das klappt bestimmt viel besser.

Am Sonntagmorgen traf man sich zum Abschlussgottesdienst in unserer Kirche. Hier bestand die Schwierigkeit darin, die Brücke zu all denen zu schlagen, die am Seminar nicht teilgenommen hatten.
Die verschiedenen Hauskreise wirkten im Gottesdienst durch Gebet, Zeugnis oder Vorstellung eines Hauskreises mit. Herr Plinke hielt uns die Predigt, wobei er anhand Markus 14, 3-9 aufzeigte, dass wir Menschen mit verschiedenen Sehnsüchten ausgestattet sind, die letzten Endes eigentlich nur Jesus Christus stillen kann. Dazu hatte er Plakate mitgebracht, die dann im Laufe der Predigt an den Wänden befestigt wurden. Für mein Dafürhalten war es ein gelungener Abschluss unseres Seminars, der auch die Nichtteilnehmer gut mit einbezog.

Nach dem Gottesdienst traf sich das Mitarbeiterteam noch im Pfarramt zur "Bestandsaufnahme", zum Gebet und Gedankenaustausch. Ich denke, dass wir uns einig waren, dass das Seminar gut in der Gemeinde angenommen wurde. Bei uns in Wain wird es bestimmt wieder einmal etwas in der Richtung geben und da freue ich mich schon heute darauf.

Iris Unterweger