© 2004 – Hauskreisarbeit der Evang. Landeskirche, Württ.

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Von Hauskreisen, Hauskirchen und Zellgruppengemeinden

- Einige Begriffsbestimmungen -

 

Während wir uns in unseren Gemeinden in gewohnter Weise in unseren Hauskreisen versammeln, geschieht weltweit ein großer Umbruch im Bereich der christlichen Kleingruppen.  Diese gewinnen dadurch eine ungeahnte Dynamik und evangelistische Stoßkraft.  Es ist wichtig, daß wir uns darüber informieren und fragen, was das für unsere Arbcit bedeuten könnte.

 

Hauskreise

Dies ist der übliche Begriff für Kleingruppen in unseren Gemeinden, die sich in den Häusern treffen.  Unter diesem Etikett verbergen sich aber sehr unterschiedlich geprägte Gruppen.  Manche sind nur lose Freundeskreise.  Die von einigen Kreisen geführte Bezeichnung Hausbibelgruppe ist nicht glücklich gewählt.  Denn im Gegensatz zu eine Bibelstudiengruppe, in der es um Bibelkenntnis geht, stehen im Hauskreis Gemeinschaft, gegenseitige Fürsorge und das Leben der biblischen Weisungen im Alltag im Vordergrund.  Es sind in diesem Sinne "Lebensstilgruppen".  Hauskreise sind ein zusätzliches Angebot neben anderen Gemeindeprogrammen.  Sie sind in der Gesamtgemeinde nicht oder nur beiläufig im Blick.  Nur ein kleiner Teil der Gemeindeglieder macht von diesem Angebot Gebrauch.

 

Der Begriff Hauskreis sollte nur angewandt werden, wenn die Mitglieder sich regelmäßig verbindlich treffen und ihre Beziehung offen und vertraulich ist.  Ohne diese Merkmale sind es eher Freundeskreise oder Gesprächskreise.  Der Landesarbeitskreis für Hauskreisarbeit in Württemberg hat sein Verständnis von Hauskreisen formuliert (Perspektiven Nr. 35, S. 4).

 

Hauskirchen

In Missionsgebieten beginnen christliche Versammlungen zuerst in den Häusern.  Wie in den ersten Jahrhunderten der Kirchengeschichte treffen sich Christen dort zu Lehre, Gemeinschaft und Gebet.  Das Abendmahl wird gefeiert, neue Mitglieder werden getauft.  Damit ist diese Versammlung eine vollwertige Kirche im Sinne des neuen Testamentes.

 

Hauskirchen haben in China und in anderen Ländern, in denen die freie Religionsausübung behindert wird, eine erstaunlichen Ausbreitung des christlichen Glaubens ermöglicht.  Auch in Verfolgungssituationen ging und geht diese Arbeit weiter.

 

Hauskirchen sind meist durch ein Netzwerk freundschaftlicher Beziehungen mit anderen Gruppen dieser Art verbunden.  Das gibt ihnen Unterstützung und Korrektur.  Wo es die Situation zulässt, feiern sie gemeinsam Gottesdienste oder unternehmen evangelistische Aktionen.  Der fünffältige Dienst durch Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer nach Eph 4 kommt gruppenübergreifend zum Tragen.

 

Mit zunehmender Verweltlichung mancher Teile der traditionellen Kirchen wird die Form der Hauskirche auch bei uns in Europa für Christen eine Möglichkeit, ihren Glauben zu leben und an andere weiterzugeben.  In Hauskirchen wird weit mehr als in Hauskreisen das tägliche Leben geteilt.  Die Gruppe vermittelt dadurch in ihrem Umfeld Anschauung, wie Christsein im Alltag gelebt werden kann.

 

Schon Luther sah die Notwendigkeit von Hauskirchen, die "dritte Weise".  Sie findet sich in seiner Vorrede zur Deutschen Messe 1526:

"Diejenigen, die mit Ernst Christen sein wollen und das Evangelium mit der Tat und mit dem Munde bekennen, müßten sich mit Namen eintragen und sich etwa in einem Hause für sich allein versammeln, um zu beten, die Bibel zu lesen, zu taufen, die Sakramente zu empfangen und andere christliche Werke zu tun... "

Luther hatte damals die Leute nicht, um solche Gruppen zu beginnen.  Die Hauskirchen unserer Zeit verwirklichen Luthers Vision.

 

Die Hauskirche hat entscheidende Vorteile: Es können christliche Kleingruppen in den verschiedensten Subkulturen der Gesellschaft entstehen.  Leute in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, die zum Glauben gekommen sind, können leicht andere mit einer ähnlichen kulturellen Prägung erreichen.  Durch Wachstum und Teilung solcher Gruppen kann eine ganze Subkultur durchdrungen werden.  Die einzelnen Gruppen können in ganz unterschiedlicher Weise arbeiten.  Viele Gruppen haben z.B. Möglichkeiten gefunden, Kinder bei den Treffen mit einzubeziehen.  Bemühungen dieser Art sind vor allen wichtig, wenn wir junge Familien erreichen wollen.

 

Hauskirchen setzen sind flexibel und Kräfte und Mittel frei.  Wolfgang Simson benutzt dafür die anschauliche Gegenüberstellung:

Pastorenkirche = Grundstück + Gebäude + Pfarrer + Gehalt + kirchliche Programme. Hauskirche = Menschen + normale Wohnungen + Glauben + geteiltes Leben.

 

Alle evangelistischen Bemühungen der letzten Jahre haben es nicht vermocht, einen größeren Teil unserer Bevölkerung zu Jüngern Jesu zu machen.  Wenn wir dem Missionsbefehl gehorsam sein wollen, brauchen wir andere Wege als bisher.  Die Hauskirchen haben ihre Wirksamkeit damals im römischen Weltreich und heute auf allen Kontinenten eindrucksvoll bewiesen.

 

Veröffentlichungen:

Wolfgang Simson: Häuser, die die Welt verändern, C&P-Verlag 1999, 351 S.

Wolfgang Simson: Das 1 x 1 der Hauskirchen, C&P-Verlag 2000, 64 S..

Fitts, Robert: Die Kirche im Haus.  Eine Rückkehr zur Einfachheit.  Gröbenzell: Gloryworld Medien 2001, 118 S.

 

Zellgruppengemeinden

Hinter ihnen steht die Grundüberzeugung, daß es kein Christentum ohne Gemeinschaft gibt.  Nur durch kleine verbindliche Gruppen ist die Fürsorge für jeden Einzelnen und eine geistliche Versorgung aller Gemeindemitglieder möglich.  Daher gehen weltweit sehr viele Gemeinden dazu über, Zellgruppengemeinden zu werden, d.h. dafür zu sorgen, daß alle Gemeindeglieder in Zellen eingebunden sind.  Zellgruppengemeinden nehmen das Priestertum aller Gläubigen ernst.  Sie setzen so wenig wie möglich auf allgemeine Programmangebote und so viel wie möglich auf das gemeinsame Leben in den Zellen.  Damit rücken sie dem geistlichen Konsumverhalten zu Leibe und entfernen sich konsequent vom Modell der Pastorenkirche.

 

Zellgruppen bereiten die Gemeinde auf Erweckung und Verfolgung vor.  Viele Neubekehrte können integriert werden.  Bei Verfolgung kann das geistliche Leben weitergehen, auch wenn die Pastoren verschleppt und die Strukturen zerschlagen werden.

 

Zellgruppengemeinden können durch die Umwandlung traditioneller Gemeinden in Zellengemeinden entstehen.  In diesem Fall werden wesentliche Teile des Gemeindelebens in die Zellen verlagern Oder sie entstehen durch einen Zusammenschluss von unabhängig von einander entstandenen Hauskirchen.  Dabei werden übergeordnete Strukturen neu geschaffen.  Die Gemeinde sorgt dadurch für die Ausbildung neuer Zellenleiter und für ihre geistliche Begleitung.

 

Veröffentlichungen:

 

Ralph W. Neighbour Wie geht es weiter?  Ein Leitfaden für die Zellen-Gemeinde.  Dynamis Verlag Kreuzlingen 1996.  Und:

Ralph W. Neighbour Weide meine Schafe.  Ein Handbuch für Zellgruppenleiter und Gemeinden auf dem Weg zur Zellgruppengemeinde.  Zu bestellen beim Christlichen Zentrum Bielefeld, Tel. 0521-9248500, FAX - 9248501.

Larry Stockstill: Zellgemeinde, Gemeinde der Zukunft.  Asslar: Projektion J 1999,

160 S.

Castellanos, César: Träume... und du wirst die Welt gewinnen. 21 0 S. Wittmund: Mega Medien 2001 (Die Geschichte der Zellgruppengemeinde in Bogota).

Fajardo, Claudia: Befestige deine Schritte 102 S. 29,80 DM.  Wittmund: Mega Medien 2001. (Leiterschaftsschulung in der Zellgruppengemeinde).

 

Zur Klarstellung noch einmal zwei Gegenüberstellungen:

 

In Bezug auf die Arbeitsweise:

 

Traditionelle Gemeinde: ist programmorientiert.  Viele Aktivitäten konkurrieren um zu wenige Mitarbeiter.  Es ist nicht möglich, neue Mitglieder ausreichend menschlich und seelsorgerlich aufzufangen und weiterzuführen.

Zellgruppengemeinde: ist beziehungsorientiert.  Es gibt nur ein Programm.  Das Gemeindeleben findet in den Zellgruppen statt.  Priestertum aller Gläubigen.  Die Gemeinde wächst ständig.

 

In Bezug auf Initiative und Hierarchien:

 

Zellruppengemeinde: Die Initiative geht von der Gemeinde aus.  Sie bildet Leiter aus, gründet Zellen, begleitet Leiter, organisiert unterstützende Maßnahmen.  Die Zellen sind Teil der Gemeinde.

Hauskirche: Die Initiative geht von Einzelnen oder bestehenden Hauskirchen aus.  Die Gruppen

sind unabhängig.  Freiwilliger Zusammenschluß für regionale Gottesdienste, gemeinsame Aktionen und evangelistische Einsätze.  Nutzung des fünffachen Dienstes.

 

Im Ausland breitet sich die Hauskreis- und Zellgruppenbewegung rasch aus.  Sie erweist sich als wirksamste Evangelisationsmethode.  Die Ergebnisse sind atemberaubend.  Vor allem gelingt es auf diese Weise, Neubekehrte zu integrieren und geistlich weiter zu führen.

 

In Deutschland sind schon zahlreiche Zellgruppengemeinden entstanden.  Sie tauschten ihre Erfahrungen in Zellgruppenkonferenzen aus.

 

Es gibt gegen Zellgruppengemeinden und vor allem gegen Hauskirchen natürlich manche Vorbehalte.  Vor allem wird die Gefahr eines grenzenlosen Pluralismus gesehen.  Diese besteht aber dann nicht, wenn die Mitglieder von einer evangelistischen Leidenschaft erfüllt und motiviert sind.  Eine solche Begeisterung durchdringt alle Veröffentlichungen über Hauskirchen und Zellgruppen.  In dieser Hinsicht haben wir in Deutschland noch viel zu lernen.

 

Heiko Hörnicke, Münsingen