© 2004 – Hauskreisarbeit der Evang. Landeskirche, Württ.
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Bibel aktuell, Nr. 98
Das Abendmahl im Hauskreis
Es war in einer Kirchengemeinderats-Sitzung. Der Abend
wurde lang, denn es war ein heikler Punkt auf der Tagesordnung: "Wie
sollen wir in Zukunft das Abendmahl am Altar feiern?"
Die Meinungen gingen hin und her:
- Der eine sprach sich für ‚kleine Kreise um den Altar' aus - der andere wollte
es aus oekumenischen Gründen ähnlich halten wir bei den Katholiken: "Alle
sollen in einer Art Prozession zum Altar vorkommen, um dort einzeln Brot und
Wein gereicht zu bekommen!"
- Manche waren - aus hygienischen Gründen - für Einzelkelche. Das kam anderen
vor wie wenn man ‚Schnapsgläser' gereicht bekommt.
- Andere sprachen sich von daher doch für einen großen Gesamt-Kelch aus, aus
dem dann alle trinken sollten: "Keine Angst vor Ansteckung !Wenn der Herr
Jesus einlädt, dann können Bakterien und Viren uns nicht anhaben - oder ?"
- Jemand wollte sich solch einem Mut nicht so einfach anschließen: "Wenn
wir schon alle aus einem Kelch trinken sollen - warum dann nicht das Stück Brot
mit dem Wein ein wenig benetzen - so wie ich es einmal in Griechenland erlebte
in einer orthodoxen Kirche ?"
Schließlich platzte einem der Ältesten aus dem
Kirchengemeinderat schier der Kragen:
"Also da bin ich jetzt schon fast zwanzig Jahre dabei - und was soll ich
sagen: Es verging kaum ein Jahr, dass sich nicht Unzufriedenheit über die
Gestaltung unserer Abendmahlsfeier geäußert hat. Immer wieder haben wir alles
‚umgemodelt' - aber zufrieden war man nie in der Gemeinde.
Wisst Ihr was: Ich verstehe jetzt, warum Jesus und die ersten Christen das
Abendmahl ausschließlich in einer kleinen, vertrauten Gruppe gefeiert haben.
Man kannte sich und hatte
Ich fasse zusammen: Der natürliche Ort für ein Abendmahl scheint mir nicht der
Altar zu sein, sondern die kleine Gruppe bzw. das Miteinander im
Hauskreis!"
Vielleicht haben Sie Lust, diese Kirchengemeinderats-Sitzung in Ihrem
Hauskreis ‚weiter zu spielen' ? Zu welcher Entscheidung würden Sie wohl kommen
?
Abendmahl im Hauskreis ? -Ein Thema im Pro und Contra
Bei diesem Thema ‚rumort' es zur Zeit ziemlich heftig in manchen Hauskreisen:
- ‚Gehört' es sich, das Abendmahl auf in vertrautem Kreis im Wohnzimmer zu
feiern ?
- ‚Gehört' es sich überhaupt, dass die Kirche da mitreden will - oft mit
erhobenem Zeigefinger: "Eigentlich gehört das Abendmahl an den Altar der
Gemeinde - und nicht in irgendwelche Winkel."
Hier aus einem Brief engagierter Hauskreise aus einem Ort in Württemberg an
den Hauskreis-Beauftragten der Landeskirche:
Lieber Herr Plinke
Ja, auch bei uns gibt es ein lebhaftes Pro und Kontra in den verschiedenen
Hauskreisen zur Handhabung der Abendmahlsfeier. Unsre Hauskreise sind zum Teil
überkonfessionell besucht -da möchte sich auch nicht jeder der Ordnung der
Evangelischen Landeskirche beugen.
Wohl haben wir Verständnis für das Argument, dass alles seine biblische Ordnung
haben soll und es deshalb gut wäre, wenn eine kirchliche Amtsperson zugegen
ist, die die kirchliche Zulassung hat, ein Abendmahl auszuteilen.
Aber glauben die kirchlichen Würdenträger wirklich, dass damit vermieden wird,
dass jemand "unwürdig" das Mahl nimmt ? Diese Verantwortung kann dem
einzelnen durch noch so viel Reglementierung nie abgenommen werden bzw. nicht
durch solche verhindert werden.
Aber eine Praxis, wie sie die Apostelgeschichte erzählt, und wie wir sie leben
wollen, wird durch solche kirchlichen Vorschriften in einer Weise erschwert,
die Jesus so nie zum Abendmahl gelehrt hat.....
Und mit Kopfschütteln und Unverständnis reagieren wir auf die Einschränkungen,
die unsrem Ansinnen nach einer Abendmahlsfeier im Hauskreis von kirchlicher
Seite entgegengestellt werden. Wir haben nicht vor, Gelage als Abendmahl zu
feiern. Wir wollen auch keine "Sättigungsmahle" abhalten - wir
möchten "nur" in Anlehnung an die Bibel und die kirchliche Praxis im
‚kleinen Rahmen' und in vertrauter Umgebung Abendmahl feiern!
Durch die bestehenden Vorschriften fühlen sich einige nicht frei, unter den
jetzigen Umständen frei und unbefangen im Hauskreis das Abendmahl zu nehmen.
Sie haben der Kirche gegenüber ein schlechtes Gewissen, weil sie ja gegen
Bestimmungen verstoßen. Zudem wollen wir unsrem Ortspfarrer
"Scherereien" ersparen, die er dadurch bekommen kann. Der Verzicht
auf das Mahl befriedigt uns allerdings auch nicht, weil das Abendmahl nun
einmal ein wichtiger Bestandteil gelebten Glaubens und gelebter Gemeinschaft im
Glauben ist.
Es ist daher für die Verantwortlichen in der Landeskirche dringend geboten, die
bestehende Regelung gründlich zu überdenken und eine an der Bibel orientierte
Neuordnung zu schaffen.
Wir lehnen in keiner Weise das Abendmahl im Hauptgottesdienst ab, wir wollen es
auch nicht ersetzen. Uns geht es um die Freiheit, nach unsrem Bedürfnis und je
nach Situation im Hauskreis (schwere Krankheit eines Teilnehmers, Aussöhnung
untereinander....) in aller Freiheit - ohne schlechtes Gewissen, ohne etwas
Verbotenes zu tun - das Mahls nach den Regeln Christi und der Empfehlung des
Apostel Paulus miteinander zu feiern.
Wir wären Ihnen daher sehr dankbar, wenn Sie Ihren Einfluss dahingehend geltend
machen könnten, dass eine eigenständige Entscheidung fürs Abendmahl und eine
Feier ohne schlechtes Gewissen möglich wird.
Die Kirche sollte an dieser Stelle ihren mündigen Mitgliedern Verantwortung
zutrauen.
Gottes Segen und liebe Grüße aus unsren Hauskreisen !
Ergebnis einer Umfrage
Die gegenwärtige Stimmungslage unter den Hauskreisen im Bereich der
Württembergischen Landeskirche - erhoben aufgrund von Befragungen über den
Hauskreis-Rundbrief PERSPEKTIVEN mit seinen ca. 12 000 Lesern:
Die meiste Zustimmung: Wir halten es in unserem Hauskreis wie die ersten
Christen in ihren Hauskreisen - wir feiern - unter Verwendung der wichtigsten
Bibeltext immer wieder einmal das Abendmahl. Das ging damals ohne Klerus - warum
sollte das heute unabdingbar sein ?
2.-häufigste Meinung: Wir sind erstaunt und verstehen es nicht recht,
dass die Kirche sich so intensiv in unsere Hauskreis-Gestaltung einmischt - wo
wir doch sonst alles selbst verantworten können, sogar die Bibelauslegung und
Wortverkündigung. Vielleicht sollten wir dazu einmal einen Gemeinde-Pfarrer
befragen.
3.-häufigste Meinung: Es ist für uns schön, im 'größeren Ganzen des
Gemeinde-Gottesdienstes' das Abendmahl zu feiern - aber gehört es nicht auch an
den Ort, wo wir im Hauskreis besonders intensiv unser Christsein erleben -
nämlich im Hauskreis ?
Beachtlich zahlreich war auch die Äußerung: Unser Hauskreis ist
"gemeindeübergreifend" bzw. "konfessions-gemischt" -
welcher Pfarrer sollte da für uns 'zuständig' sein ? Wir fühlen uns auch in
Sachen 'Abendmahl' unabhängig.
Vereinzelte Äußerung: Eigentlich würden wir gerne im Hauskreis Abendmahl
feiern - wissen aber nicht, wie 'man' das richtig macht. Deshalb möchten wir
Schulungs-Angebote nutzen, damit wir es in rechter Weise tun können.
2 Äußerungen: Wir finden, dass das Abendmahl zusammen gehört mit der
Gemeinde. Was sollen solche Abendmahls-Aufspaltungen in den Hauskreisen !
Keine Äußerung: Wenn wir im Hauskreis Abendmahl feiern möchten, setzen
wir uns mit dem örtlichen Pfarrer in Verbindung - und finden dann mit ihm
zusammen eine Regelung.
Keine Äußerung: Wir haben schon unserer Gemeinde gegenüber den Wunsch
geäußert, das Abendmahl im Hauskreis zu feiern. Man ist nicht darauf
eingegangen. Strikte Antwort: "Das Abendmahl gehört an den Altar!"
Zur Aussprache in Ihrer Runde: "Wie würde wohl solch eine Umfrage
unter den Teilnehmern Ihres Hauskreises bzw. der Hauskreise an Ihrem Ort
ausfallen ? - Ob sie das einmal herausfinden mögen ?
Eine Landessynode nimmt sich dieses Themas an:
In die Frühjahrs-Synode 2003 der württembergischen Landeskirche wurde der
folgende Antrag eingebracht - von Vertretern aller vier Gesprächskreise
unterschrieben:
Der Oberkirchenrat wird gebeten, die theologischen Argumente zu prüfen und die rechtlichen
Voraussetzungen für eine Beauftragung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zur
Leitung von Abendmahlsfeiern im Hauskreis zu schaffen.
Dies soll in folgender Weise geschehen:
1) Die Landeskirche beauftragt Hauskreisleiter auf Antrag mit der Leitung von
Abendmahlfeiern in ihrem Hauskreis. Eine entsprechende Beauftragung wird durch
den Ortspfarrer bzw. bei einem überörtlichen Hauskreis durch den zuständigen
Dekan ausgesprochen und in geeigneter Weise bekannt gemacht.
2) Voraussetzung für eine solche Beauftragung ist die Teilnahme an einem
vorbereitenden Abendmahlskurs, der vom Amt für missionarische Dienste angeboten
wird. Die Teilnahme un die Befähigung zur Leitung einer Abendmahlsfeier im
Hauskreis wird durch ein Zertifikat bescheinigt. So könnte wie in der
Vereinbarung mit den Gemeinschaften sichergestellt werden, "dass solche
Abendmahlsfeiern durch entsprechend zugerüstete und beauftragte Mitarbeiter
stiftungsgemäß und geordnet gehalten werden."
In der Begründung dazu legte die Synodale Barbara Gehring vom Gesprächkreis
"Kirche für morgen" dar:
Frauen und Männer in unserer Landeskirche, die
ihrem Glauben in der Gemeinde und in Hauskreisen getrost und fröhlich und im
Gehorsam gegenüber der Heiligen Schrift leben wollen, entdecken:
a) dass in der Zeit der ersten Christen das Abendmahl ‚hin und her in den
Häusern' (Apg. 2,42) gefeiert wurde und wollen an diese Praxis der Urgemeinde
anknüpfen.
b) dass Martin Luther in seinem Entwurf einer ‚dritten Weise des
Gottesdienstes' den Gedanken einer Gemeinde im Haus aufgenommen hat und davon
ausgeht, dass in dieser Hausgemeinschaft auch das Sakrament empfangen wird.
c) dass das Neue Testament Wert darauf legt, dass gottesdienstliche Vollzüge
der Ordnung entsprechend geschehen ( 1.Kor.14,40) und dass es deshalb für die
Leitung einer Abendmahlsfeier auch in den Hauskreisen einer geordneten Schulung
und Beauftragung bedarf.
(Aus diesem Grund bietet die württ. Hauskreisarbeit seit einigen Jahren
jährlich ein Wochenend-Seminar zur Befähigung für die Abendmahls-Feier im
Hauskreis an.)
Argumentationssplitter im Contra und Pro
Jesus und sein Abendmahl
Contra:
Jesus hat sein letztes Mahl im Kreis der zwölf Jünger gefeiert. Diese Vollzahl
(der zwölf Söhne Jakobs, der zwölf Stämme Israels und Judas) repräsentiert das
gesamte Gottesvolk. Sogar Judas, der ihn verraten sollte, ist dabei nicht
ausgeschlossen.
Fazit: Schon in der Ursprungssituation ist also das Abendmahl das Mahl der
ganzen Gemeinde einschließlich des Verräters und insofern das Sakrament der
Einheit des ganzen Leibes Christi- und nicht einer gemeindlichen Kleingruppe.
Pro:
Wenn es Jesus am Gründonnerstag so wichtig gewesen wäre, möglichst die
Gesamtheit des Gottesvolkes an seinem Abendmahl zu beteiligen - warum hätte er
dazu nicht einen viel größeren Kreis seiner Freunde und Unterstützer (etwa die
nahe wohnenden Geschwister um Martha und Lazarus) eingeladen ?
Es wird vielmehr - in Analogie zu den Wünschen vieler Hauskreise nach
Mahlfeiern im Kreis derer, mit denen man sonst regelmäßig um Wahrheit ringt -
der Wunsch Jesu gewesen sein, im Kreis seiner Jünger, mit denen er fast jeden
Abend zusammensaß, nun den Abendmahls-Schritt ins Reich Gottes hinein zu tun.
Vgl. Werner de Boor (S.258 in der Wuppertaler Studienbibel-Auslegung zu
Matthäus): "Es war dem Wesen des Evangeliums genau entsprechend, wenn in
der Christenheit das "Abendmahl" keine feierliche, kirchliche
Handlung war, sondern in der brüderlichen Mahlzeit als solcher mit Freuden
gefeiert wurde Apg 2,46 f; 1.Kor 11, 20-22
Contra:
Sieht man im "Brotbrechen" des Auferstandenen in Emmaus (Lk 24,30)
einen Hinweis auf des Vollzug des Abendmahls mit den beiden Jüngern, was vom
lukanischen Sprachgebrauch her nahe liegt, ist bereits in dieser österlichen
Szene die Verbindung von Schriftauslegung ("Predigt") und Mahlfeier
konstitutiv.
Pro:
Gerade die Emmaus-Szene mit dem für die beiden Jünger überraschenden Abendmahl
lässt zunächst einmal fragen im Blick auf die vorherige Argumentation: "Wo
war denn hier die Vollzahl der Jünger als Repräsentanten des gesamten
Gottesvolkes?" - Fast wäre man versucht, zu fragen, ob Jesus sich da
leichtsinnigerweise in eine Art "Winkelmessen-Situation" gewagt hat ?
Die Tatsache, dass sich Jesus den verstörten zwei Jüngern auf deren Weg nach
Emmaus erklärend zuwendet, wird überhöht zu einer Predigt Jesu - vermutlich ist
es eher ein Gespräch im Unterwegs gewesen. (‚homilien' meint ursprünglich:
‚sich unterreden')
Die Verbindung von "Predigt" und Abendmahl, auf die der
Oberkirchenrat so bemerkenswert starken Wert legt, ist in dieser Szene
zumindest zeitlich und örtlich ziemlich locker angelegt. Die Auslegung des
Kreuzesgeschehens geschieht ‚unterwegs', führt aber ganz und gar nicht spürbar
hin zur späteren Mahlfeier - das Abendmahl selber geschieht eher spontan im Haus
der Jünger, es hat eine total unvorbereitete Wirkung auf die Jünger.
Eben diese Wirkung des Abendmahls - eine besondere und besonders tief
verändernde Nähe-Erfahrung Jesu, die die Jünger aus Resignation hineinruft in
eine neue Sendung - ist es wohl, was die Hauskreise unserer Tage suchen, wenn
sie in ihrer Gruppe das Abendmahl feiern möchten: In der Nähe Jesu spüren, wie
unter Brot und Wein aus Resignation des Hauskreises es zu neuen Perspektiven
kommt.
Zur Situation in urchristlicher Zeit:
Contra:
Im Urchristentum wurde das Abendmahl gemäß Apg. 2,42.46f zunächst in Häusern
gefeiert. Dazu ist zu sagen, dass in der Jerusalemer Urgemeinde ausschließlich
in Privathäusern gefeiert wurde, da es Gebäude, die ausschließlich der
Versammlung einer christlichen Gemeinde gedient hätten, damals noch nicht gab.
Aus diesem Grund - und nicht weil das Abendmahl mit einer "gewöhnlichen
Mahlzeit" verbunden war, waren die ersten Christen auf Privathäuser als
Versammlungsorte angewiesen.
Ein Gottesdienst der Gesamtgemeinde, in der die "Lehre der Apostel"
verkündigt wurde, war von daher weder in Jerusalem noch in Rom oder einer
anderen größeren Stadt möglich. - Eine Ausnahme könnte die besondere Situation
in Korinth darstellen, wo nach Apg. 19,9 die "Schule des Tyrannus" für
Paulus als Lehrhaus zur Verfügung stand. Ob dort allerdings das
"Herrenmahl" gefeiert wurde, wissen wir nicht.
Allerdings: in 1. Kor 11,22 unterscheidet Paulus ausdrücklich das Essen und
Trinken in den Häusern von dem in der Gemeinde.
Fazit: Die urchristliche Herrenmahlsfeier, wie sie in Privathäusern stattfand,
ist eine Feier der versammelten Gemeinde - und in diesem Sinne der ganzen
Gemeinde öffentlich bekannt und zugänglich. Sie ist also kein
"Privat-Abendmahl im stillen Kämmerchen"
Die Wahl des Ortes dagegen (Privathäuser) ist im Urchristentum durch die
historischen Umstände bedingt. Daher ist es nicht möglich, Abendmahlsfeiern in
Hauskreisen durch Hinweis auf eine urchristliche Praxis theologisch zwingend zu
begründen. Das Abendmahl gehört in die Gesamtheit der Gemeinde.
Pro:
Die ersten Christen feierten das Mahl ‚hin und her in den Häusern' (Apg 2,46ff
- Mehrzahl! Dass dies nur eine Verlegenheitslösung mangels größerer
Versammlungsräume darstelle, wird von Lukas weder gesagt noch ist dies gemeint.
Eine Tendenz, einen Versammlungsort für die Gesamtgemeinde zu schaffen, lässt
sich weder in der Apostelgeschichte noch in den paulinischen Briefen
nachweisen. - Man kann vermuten, dass es in Korinth das Haus des Gajus als Ort
der Vollversammlung gab - aber das Miteinander von Ortsgemeinde und
verschiedenen Hausgemeinden (mit ihren kleinen Abendmahlsfeiern) und damit
unterschiedlichen Versammlungstypen bleiben gerade erhalten
Die Zeit der Reformation
Contra:
Es ist das reformatorische Hauptanliegen von Martin Luther, entgegen der
damaligen katholischen Praxis "Sakrament und Wort" (also:
Abendmahlsfeier und Deute-Worte des Evangeliums) unauflösbar aufeinander zu
beziehen. Das Sakrament wird "Brot und Wein in Gottes Wort gefasset und
daran gebunden...
Das Wort muss das Element (Brot und Wein) zum Sakrament machen - wo nicht, so
bleibt's ein lauter Element" (Großer Kathechismus, BSLK 709,31-44)
Liturgisch äußert sich das in der zentralen Stellung der Einsetzungsworte im
Abendmahlgottesdienst und in der Ablehnung der "Winkelmessen"
Pro:
Es liegt sehr wohl im Horizont Martin Luthers, die geordnete Verwaltung des
Abendmahls in den Bereich der Hausgemeinden zu geben:
Aus Luthers Vorrede zur Deutschen Messe:
Dort beschäftigt sich Luther mit der Zielvorstellung seines Bildes von
"Kirche der Zukunft":
Luther spricht von einer dritten Weise gottesdienstlichen Geschehens: Neben den
Predigt-Gottesdienst und neben die Gestalt der Deutschen Messe stellt er eine
dritte kühne Organisationsform des Christseins:
Aus Luthers Vorrede zur Deutschen Messe:
Deutsche Messe und Ordnung des Gottesdienstes
Aber die dritte Weise, die rechte Art der evangelischen Ordnung haben sollte,
müsste nicht so öffentlich auf dem Platz geschehen unter allerlei Volk, sondern
diejenigen, so mit Ernst Christen wollen sein und das Evangelium mit Hand und
Mund bekennen, müssten mit Namen sich einzeichnen und etwa in einem Haus allein
sich versammeln zum Gebet, zu lesen, zu taufen, das Sakrament zu empfangen und
andere christliche Werk zu üben.
MüA 3,130
Diese Möglichkeit einer geordneten Feier des
Abendmahls im Haus hat zu tun mit seiner Sicht des Hauses und der Hausväter.
Luther sieht die Hausgemeinde als "dem Hausvater geistlich unterstellte
kleinste aber elementar wichtige Einheit christlichen Gemeindeaufbaus"
(Klaus Harms: Die Familie als Aufgabe kirchlicher Verkündigung, 138)
Luther schließt - mit Bedauern: "Leider habe ich - am Anfang der
reformatorischen Erneuerung - ‚Noch nicht die Leute dafür'"
Es ist die Frage an unsere Landeskirche zu stellen: "Haben wir inzwischen
nicht längst einen Mündigkeitsgrad unter den Christen erreicht, der es erlaubt,
den Visionen Luthers - bezüglich der Kleingruppen und einer geordneten
Abendmahlspraxis in ihnen - Realität zu geben.
Verkündigung geschieht in den Hauskreisen üblicherweise nicht in Predigt-Stil,
sondern im gesprächsweisen Ringen um die Wahrheit der Apostellehre für Glauben
und Leben. Insofern liefe eine Lektorenausbildung für Hauskreisleiter am Kern
eines Hauskreis-Christseins vorbei. Hauskreise wollen diesbezüglich nicht einem
Gemeinde-Predigt- bzw. Abendmahls-Gottesdienst nacheifern - oder ihn gar für
die Hauskreis-Teilnehmer ersetzen, sondern ihn - was Art und Intensivierung
angeht - ergänzen.
Das Abendmahl in der Gegenwart - an Amtspersonen gebunden ?
Contra:
Für die Evangelische Kirche ergibt sich aus ihrem reformatorischen Erbe heraus
das Recht und die Pflicht, die von ihr in das Amt der öffentlichen
Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung Berufenen mit der größten Sorgfalt
theologisch zu bilden.
Von daher ist zur Zeit nicht daran gedacht, Hauskreisleiter zur Leitung von
Abendmahlsfeiern in ihrem Hauskreis zu beauftragen. Vielmehr soll die Leitung
von Abendmahlsfeiern an ein Amt gebunden sein , das für die Gemeinde insgesamt
zuständig ist - nämlich an den Dienst bzw. an das Amt der öffentlichen
Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung.
Die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist nun freilich nicht von vornherein auf das
Pfarramt beschränkt. Vielmehr haben insbesondere Lektoren, aber auch
Gemeindediakone und Jugendreferenten Anteil an diesem Amt.
Pro:
Immerhin scheint es - um aller oberkirchenrätlichen Sorge um
"Wildwuchs" zu wehren - notwendig zu sein, noch einmal darauf
hinzuweisen: Es ist Inhalt des "Abendmahls-Antrags an die Synode",
dass für die Leitung einer Abendmahlsfeier im Hauskreis ein
"Befähigungs-Seminar" - durchgeführt vom Amt für missionarische
Dienste mit der landeskirchlichen Hauskreisarbeit - erforderlich ist. Es liegt
dann an den Gemeinden, eine angemessene Form im Ausspruch einer Befähigung zu
finden.
Abendmahlsordnung § 6
(3) Andere Personen kann der Oberkirchenrat zur selbständigen Leitung von
Abendmahlsfeiern ermächtigen, wenn sie hierzu ausgebildet sind. Die
Beauftragung erfolgt durch das zuständige Dekanatamt; sie kann auch generell
erteilt werden.
Die Beauftragung von Hauskreisleitern wäre im Sinne der württembergischen
Stellungnahme ein Musterbeispiel einer "zeitlich bzw. räumlich begrenzten
Beauftragung" .
Die noch geltende Abendmahlsagende bietet bei "Abendmahlsfeiern in offener
Form" Formulare für Gruppenabendmahle und erläutert:
"Die nachfolgenden Vorschläge gehen davon aus, dass einzelne Gruppen
( Gemeinschaften, Gemeindekreise, Jugendgruppen, Freizeiten, Tagungen u.ä. ) den
Wusch haben, das Abendmahl in kleinerem Kreis zu feiern...
Die Abendmahlsordnung will solche Feiern ordnen:
§ 4 (3) Wird das Abendmahl in Gemeindegruppen oder bei besonderen Anlässen
gefeiert, so muss sich auch diese Feier in den unverzichtbaren Stücken an die
Agende halten und der ganzen Gemeinde gegenüber offen bleiben.
(12) Dazu gehört, dass die Einsetzungsworte den Feiernden zugesprochen und dass
Brot und Wein mit einem Spendewort gereicht werden. Ort und Zeit solcher Feier
wollen nach Möglichkeit der örtlichen Gemeinde bekannt gemacht werden.
Nirgendwo in Agenden und Ordnungen etwa der Württembergischen Landeskirche war
bisher davon die Rede, dass solche Feiern in Gruppen dem Wesen des Sakraments
widersprechen. Hätte man sonst in der Agende und in der Abendmahlsordnung
ausdrücklich auf solche Feiern Bezug genommen ?
Eine entsprechende Behauptung im Blick auf Feiern im Hauskreis ist von daher
unsinnig oder sie unterstellt von vornherein Hauskreisen separatistische
Motive.
Eine Anbindung an die Lektorenausbildung für die Beauftragung zur
Abendmahlsfeier im Hauskreis ist weder zwingend noch sinnvoll. Die Absolvierung
der Lektorenausbildung wird ja auch nicht für die Schriftauslegung im Hauskreis
gefordert. Warum sollte beim Abendmahl anders verfahren werden als bei der
Schriftauslegung, wenn doch nach reformatorischem Verständnis Wort und
Sakrament den gleichen Rang haben ?
Wohl ist die Verbindung von Schriftdeutung und Mahl konstitutiv, gerade diese
Verbindung wird auch im Hauskreis gewahrt. Sollte die Abendmahlsfeier im
Hauskreis nicht ermöglicht werden, wird gerade diese Verbindung verhindert.
Abendmahlsfeiern als sichtbare Feiern der Einheit ?
Contra:
"Das Abendmahl gehört grundsätzlich und zuforderst an den Altar!" Aus
dieser weitverbreiteten Ansicht spricht eine tiefe Sorge um die Einheit der
Kirche und ihrer Gemeinden - in einer Zeit der zunehmenden Zerfaserung
gesellschaftlichen - und auch kirchlichen -Lebens in immer unterschiedlichere
Lebenswelten. Da symbolisiert gerade die Abendmahlsfeier, zu der sich alle
Gemeindegruppierungen zusammenfinden, die Einheit des Leibes Christi in aller
Verschiedenheit.
Pro:
Wohl ist das Abendmahl Mahl der ganzen Gemeinde und Sakrament der Einheit, aber
das heißt doch nicht, dass es nur gemeinsam von der ganzen Gemeinde gefeiert
werden kann.
Es taucht der Verdacht auf, dass die Frage der Abendmahlsleitung dazu verwendet
wird, eine Einheit zu garantieren, die sonst so in der Kirche nicht mehr
spürbar ist. Zugespitzt formuliert: Man will am Abendmahl eine Form von Einheit
der Kirche zelebrieren, die sonst immer mehr zerbröckelt .
Damit wird den Abendmahlsfeiern eine Bedeutung aufgebürdet, die sie so in Nähe
zur Bibel nicht haben darf. Jesus ist und bleibt in der Tiefe des
Abendmahlsgeschehens der Einladende und Austeilende - und nicht der
"amtlich" Predigende bzw. den Gottesdienst Leitende. Salopp
formuliert: Wenn die Kirche sonst nur noch mühsam zusammengehalten werden kann,
dann kann dies auch durch ein noch so zentralisiertes Abendmahl nur noch
scheinbar - dh.: oberflächlich - symbolisiert werden.
Zum Machterweis kirchlicher Einheitlichkeit ist das Abendmahl Jesu aber viel zu
sensibel !
Das gewiss anerkennenswerte Ringen um die Einheit in der Vielfalt evangelischen
Kirchenlebens sollte aber nicht auf dem Rücken kleiner Hausgemeinschaften
ausgetragen werden, deren geistliches Grundanliegen es doch nur ist, dort, wo
man auch sonst Glauben und Leben miteinander teilt - sprich: im Hauskreis -
auch Brot und Wein im Namen Jesu miteinander zu teilen. Dafür müsste die Kirche
bibel-nahe und praktikable Wege zur Verfügung stellen, wenn Kirche denn noch
"eine Sammlung von Menschen in der Nähe Jesu" sein will.
Jens Plinke